Support-Mitarbeiter Jan über Alltag und Arbeit mit Rot-Grün-Schwäche

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Jan Matthaeus arbeitet im Kundenservice bei mittwald. Er hat eine Einschränkung, die man ihm nicht ansieht, eine angeborene Rot-Grün-Schwäche. Im Interview erklärt er, an welchen Stellen im Alltag oder auf der Arbeit das ein bisschen tricky sein kann, warum er das aber eigentlich auch als seine persönliche Superpower begreift.

Hallo Jan! Magst du dich kurz vorstellen? 

Ich bin Jan, 31, arbeite im Kundenservice bei mittwald und helfe gerne bei technischen Fragen. Dabei ist mir wichtig, dass man immer auf Augenhöhe spricht – ganz gleich, ob man Expert*in ist oder gerade erst startet. 

Du hast eine Rot-Grün-Schwäche – wann wurde das bei dir festgestellt? 

Schon im Kindergarten. Beim Malen haben meine Bilder öfter Fragen aufgeworfen. Meine Sonne war orange statt gelb, und auch Menschen habe ich eher orange gemalt – während andere Kinder ein zartes Rosa genommen haben. Für mich sah das nicht falsch aus. Dass es für andere „falsch“ wirkt, habe ich erst später verstanden. Mir selbst ist das nie aufgefallen, weil ich es eben nicht anders kenne. 

Wie genau zeigt sich deine Farbsehschwäche? 

Viele denken bei Rot-Grün-Schwäche direkt: „Der kann Rot und Grün nicht auseinanderhalten.“ Aber es geht viel weiter. Ich tue mich z. B. auch mit Mischfarben schwer – zum Beispiel Lila. Für mich ist das entweder Blau oder Rot, je nachdem, wie es im Licht wirkt. Und so gibt’s einige Farben, die ich nur schwer oder gar nicht voneinander unterscheiden kann. 

Für mich ist das ganz normal. Ich habe kein Bedürfnis, etwas zu „korrigieren“. Es gibt Brillen, die bestimmte Farbspektren verstärken – aber ich hab das nie ausprobiert. Ich komme klar, vermisse nichts.

Jan Mattheaus
Support-Mitarbeiter bei mittwald über Alltag und Arbeit mit Rot-Grün-Schwäche

Gibt’s denn Situationen, in denen dich das im Alltag einschränkt? 

Definitiv. Zum Beispiel bei Haushaltsgeräten mit Farb-Indikatoren. Unser Waffeleisen zeigt mit Rot und Grün an, wann’s fertig ist – das sehe ich nur, wenn ich ganz genau hinsehe oder eben höre, wann sich das Licht ändert. Gut, dass es da ein leises Klick gibt. 

Oder beim Einkaufen: Ich hab schon öfter grüne Bananen für gelbe gehalten. Inzwischen geh ich auf Nummer sicher – mit kleinen braunen Punkten sind sie reif, das klappt dann. 

Wie ist das bei mittwald? Spielt das in deinem Arbeitsalltag eine Rolle? 

Weniger als man denkt, aber es kommt vor. Vor allem bei Interfaces, die nur mit Farben arbeiten – zum Beispiel Warnungen oder Status, die grün oder rot sind, ohne weitere Kennzeichnung. Wenn da kein Text oder Symbol dabei ist, bin ich schnell raus. Ich merke einfach: Farben dürfen nicht das einzige Merkmal sein

Würdest du gerne ganz “normal” sehen? 

Für mich ist das ganz normal. Ich habe kein Bedürfnis, etwas zu „korrigieren“. Es gibt Brillen, die bestimmte Farbspektren verstärken – aber ich hab das nie ausprobiert. Ich komme klar, vermisse nichts. Und vielleicht will ich auch gar nicht wissen, wie es anders wäre. Ich hab ein Kind – wenn ich ihn plötzlich in anderen Farben sehen würde, das wäre irgendwie ... irritierend. 

Gab’s mal das Gefühl, was zu verpassen? 

Nur, wenn Leute bewusst auf Farben hinweisen: „Schau mal, was für ein krasser Sonnenuntergang!“ Oder im Herbst, wenn alle von den bunten Blättern schwärmen – für mich sieht das alles relativ gleich aus. Aber im Alltag? Nee. Ich lebe gut damit. 

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Wie dürfen wir dich ansprechen?

Sprechen dich Leute darauf an? 

Wenn es zur Sprache kommt, sind die meisten erstmal neugierig. Die erste Reaktion ist fast immer: „Welche Farbe hat mein Pulli?“ Oder: „Wie siehst du dann XY?“ Viele wollen’s verstehen – das finde ich schön. Mitleid bekomme ich kaum. Und ich brauche es auch nicht. 

Wann weist du selbst darauf hin? 

Nur, wenn es relevant ist. Wenn jemand fragt, wie ihm ein Outfit steht, sag ich: „Sieht gut aus – aber frag lieber noch mal jemand anderen, ich erkenne die Farbe vielleicht nicht richtig.“ 

Oder wenn’s – worst case – um den „grünen Draht“ bei einer Bombenentschärfung gehen würde. Dann würde ich natürlich darauf hinweisen. 😄 

Du hast gesagt, du achtest bei Tools und Interfaces automatisch auf Barrieren. Inwiefern? 

Ich merk sofort, wenn etwas nicht durchdacht ist: schlechter Kontrast, rein visuelle Hinweise oder fehlende Alternativen. Ich glaube, das ist fast schon eine kleine Superkraft – ich sehe Dinge, die andere übersehen, weil ich es einfach anders wahrnehme. 

Was wünschst du dir vom digitalen Design?

Barrierefreiheit sollte kein Extra sein. Sie muss mitgedacht werden – von Anfang an. Farben sind wichtig, klar, aber sie dürfen nicht das einzige Kommunikationsmittel sein. Icons, Text, Kontraste, akustische Signale – das alles hilft nicht nur mir, sondern vielen anderen auch. 

Danke dir, Jan, für deine Offenheit und deine Perspektive! 

Tipp: Du willst wissen, wie deine Website für Menschen mit Farbschwäche aussieht? Schau mal bei Coblis vorbei. 

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