Wie Webworker für weniger CO₂ sorgen können – Simon Kraft im Interview

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Das Klima geht uns alle etwas an: uns als Hoster, dich als Entwickler und genauso dich als Webdesigner. Wir alle können etwas für mehr Klimafreundlichkeit im Web tun. Was genau? Das erzählt dir WordPress Entwickler Simon Kraft. Er setzt sich seit 2019 aktiv für ein grünes Web ein.

Hey Simon, stell dich doch bitte einmal vor.

Mein Name ist Simon Kraft. Ich arbeite seit 2008 mit WordPress. Mit Themes habe ich meine ersten Gehversuche gewagt. Ich bin damit einige Male auf die Nase gefallen, habe so aber immer mehr gelernt, bis ich schließlich eigene Themes gebaut habe. Ebenso engagiere ich mich seit Jahren in der aktiven WordPress Community: Ich habe viele lokale Meetups sowie zwei WordCamps organisiert, arbeite im Pluginkollektiv mit, schreibe den WP Letter und bin als Speaker unterwegs.

Simon Kraft spricht mit Webhoster Mittwald über Klimaneutralität im Web.

Foto: Martin Wolfert CC BY-SA 4.0

Und jetzt setzt du dich für Klimafreundlichkeit im Web ein?

Genau. Die Klimakrise beschäftigt mich seit einer ganzen Weile. 2019 habe ich mir die Frage gestellt, wie ich mit meiner Arbeit zu einer Lösung beitragen kann. Schließlich arbeite ich täglich mit WordPress – dem CMS, das von über einem Drittel aller Websites eingesetzt wird. Hier habe ich die Gelegenheit gesehen, einen sinnvollen Beitrag leisten zu können. Denn: Jeder Aufruf einer jeden Webseite verbraucht Strom und setzt als Folge CO₂ in die Atmosphäre frei. Wir sprechen hier i.d.R. von weniger als einem Gramm CO₂ pro Seitenaufruf, aber durch unzählige Millionen Aufrufe pro Tag kommt einiges zusammen. Während viele Faktoren einen Einfluss auf den Stromverbrauch einer Website haben, habe ich mir als vorrangiges Ziel die Dateigröße herausgenommen. Sie ist der schwerwiegendste Faktor und in vielen Fällen recht einfach zu beeinflussen. Es lässt sich also sagen: Mehr übertragendes Datenvolumen bedeutet mehr Stromverbrauch, bedeutet mehr CO₂-Emissionen.

Erklär mal, auf was kann und sollte man alles achten?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten: Ich kann versuchen, die Anzahl der Seitenaufrufe zu reduzieren – das dürfte aber in den meisten Fällen nicht im Sinne von Seitenbetreiber*innen sein. Darüber hinaus kann ich den Stromverbrauch für den Betrieb meiner Website reduzieren, indem ich auf energieeffizienteres und umweltfreundliches Hosting setze. Viele Hoster nutzen Ökostrom und bemühen sich um CO₂-Ausgleich – so auch ihr. Zudem kann ich dafür sorgen, dass meine Website von sich aus weniger Energie verbraucht, indem ich die Menge an übertragenen Daten auf das Nötigste reduziere und mich in Minimalismus übe. Der letzte Schritt ist wichtig, da bisherige Trends im Webdesign uns eher dazu animieren, „schwerere“ Websites zu bauen.

Bei bestehenden Websites bringt es viel, Seitenaufbau, Inhalte und Struktur mit einem offenen Auge zu betrachten. Jedes Element kommt auf den Prüfstand: Jede Funktion, Design-Entscheidung und Sortierung von Content wird hinterfragt. Alles, was dem eigentlichen Sinn und Zweck nicht gerecht wird, fliegt raus. Denn mal ehrlich: Niemand wird Videos vermissen, die im Hintergrund einer Website laufen, oder schlecht strukturierte Websites, die es Besucher*innen alles andere als leicht machen, die Informationen zu finden, wegen derer sie überhaupt da sind. Genauso wird niemand darunter leiden, dass Listenpunkte einer Liste nicht mehr aufwendig mit übermäßigen Mengen JavaScript effekthascherisch eingeblendet werden.

Der schöne Nebeneffekt bei all diesen Schritten: Wir reduzieren die Dateigröße und verbessern die Ladezeit unserer Website. Besser strukturierte und aufgeräumte Websites sind also nicht nur besser für die Umwelt, sondern befördern die Nutzererfahrung und tragen zu einem besseren Ranking bei, weil Google die Ladezeit als Rankingfaktor betrachtet. Das ist ein Punkt, mit dem wir das Thema Kunden schmackhaft machen können, für die der Umweltschutz nicht das vorrangige Interesse bei einer Website ist.

Was können wir außerdem im Bereich Developing, Webdesign etc. tun?

Entwickler*innen sollten auf einen schlanken Code für ein schlankes Design achten. Das ist recht einfach, wenn man sich auf die Grundlagen unseres Handwerks besinnt – da spreche ich aus Erfahrung. Ordentliches HTML und modernes CSS sind eine starke Basis. Die darf noch mit einer Prise JavaScript verfeinert werden, kann für sich genommen aber auch schon solide Ergebnisse liefern.

Auch Integratoren, die auf bestehende Lösungen zurückgreifen, um ihren Kunden kostengünstige Websites anzubieten, können auf die Qualität ihrer „Zutaten“ achten und so die Effizienz neuer Websites verbessern.

Wer eine bestehende Website verbessern will, findet mit Tools wie Google Lighthouse eine gute Handreichung. Besonders spannend ist der CO₂-Ausstoß einer Website. Dafür ist Website Carbon das Tool meiner Wahl. Sehr eindrücklich ist hier, wenn man den Wert vor einem Relaunch/Optimierung mit dem Wert danach vergleicht.

Wie du sagtest, bist du stark in der WordPress Community verankert. Was tut sich im WP Umfeld?

Vor der Pandemie bin ich mit einem Vortrag im Gepäck durch Europa gezogen und habe in der WordPress Community mit vielen über das Web und den Klimawandel gesprochen. Ich hoffe, damit kann ich gegen Ende 2021 weiter machen und finde bis dahin Sponsoren für meine Arbeit. Das besonders Spannende hierbei: WordPress hat einen großen Marktanteil unter den Content Management Systemen, somit halten wir einen großen Hebel in der Hand.

Während Betreiber*innen von kleinen bis mittleren Websites einige Kilogramm CO₂ pro Monat werden einsparen können, ist die Größenordnung, die mir für Optimierungen an WordPress selbst vorschwebt, deutlich größer. Hier wäre es ein riesiger Schritt, mit einer Optimierung einige wenige Hundert Kilobyte pro Seitenaufruf einzusparen. Über die vielen Millionen aktiven WordPress Installationen weltweit und die unzähligen täglichen Aufrufe dieser Seiten lassen sich gewaltige Mengen Treibhausgas-Emissionen sparen. Doch bis wir so weit denken können, müssen noch einige Steine aus dem Weg geräumt werden. In der Zwischenzeit werde ich mich von diesen Aussichten nicht davon abhalten lassen, einzelne Websites weiter zu optimieren.

Vielen Dank für den detailreichen Einblick und die Tipps!

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Kommentare

Klaus Schneider am

Die Bemühungen, den CO₂-Fußabdruck von Websites durch datensparsames Design und umweltfreundliches Hosting zu reduzieren, sind ein wichtiger Beitrag zum Umweltschutz. Solche Initiativen zeigen, wie Webentwickler und Designer aktiv zum Klimaschutz beitragen können, insbesondere in der weit verbreiteten WordPress-Community, die dadurch eine große Wirkung erzielen kann
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