Von der Idee zum Produkt: die Idee bewerten

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Im ersten Teil der Blog-Reihe „Von der Idee zum Produkt“ habe ich euch ein paar Methoden zur Ideenfindung an die Hand gegeben, die ihr verwenden könnt, um bestehende Produkte zu verbessern oder völlig neue zu entwickeln. Heute setzen wir direkt da an, wo wir aufgehört haben: Im heutigen Blog-Artikel dreht sich alles um die Bewertung deiner (Produkt)-Idee. Passen deine Vorstellungen zur Unternehmensphilosophie und wie sieht es mit einem Markt für dein Produkt aus? Schließlich muss sich das Ganze am Ende ja auch rentieren. Mit diesen Infos findest du heraus, ob es für dein Produkt auch Abnehmer gibt und minimierst das Risiko, dass deine Idee floppt.
Checkliste für efolgreiche Produkte

Stell dir die richtigen Fragen

Du hast dich tagelang mit deinem Team beraten. Im Brainstorming sind einige richtig gute Ideen entstanden, wie eure Produktpalette erneuert oder erweitert werden kann. Spitze! Damit du deine Ziele auch erreichen kannst, geht es jetzt um die Identifikation jener Ideen und Projekte, die am erfolgsversprechendsten sind und mit den Ressourcen deines Unternehmens am meisten Wirkung erzeugen können. Das A und O eines guten Produkts ist schlussendlich, wie oft und zu welchem Preis es sich an den Mann bringen lässt. Wenn sich für deine Idee am Ende des Tages keine Abnehmer finden lassen, wird sie nur sehr schwer von Erfolg gekrönt sein. Aus diesem Grund solltest du deine Idee als erstes aus Sicht deiner Kunden betrachten. Dafür kannst du die VITAMIN-Liste verwenden, welche dir dabei hilft zu beurteilen, ob deine Kunden Bedarf an deinem Produkt haben.

Analyse aus Kundensicht: VITAMIN

  1. Value
    Welchen Nutzen kann dein Kunde aus deinem Produkt ziehen? Kannst du ein Problem deiner Kunden gänzlich lösen oder ihm den Prozess vereinfachen? Steigert sich beim Kunden die Effizienz oder Zufriedenheit?
     
  2. Importance
    Wie wichtig ist es dem Kunden, eine Lösung für sein Problem zu bekommen? Einige Probleme nimmt der Kunde einfach als gegeben hin oder weiß noch gar nicht, dass er ein Problem hat. Persönlich habe ich diese Erfahrung mit dem Produkt Spülmaschine gemacht. Viele Jahre bin ich naiv durchs Leben gewandert und habe gedacht, dass ich einfach keine brauchen würde. Durch den Kauf einer neuen Küche wurde ich aber schnell eines Besseren belehrt: Ich kann mir ein Leben ohne Spülmaschine nicht mehr vorstellen.
     
  3. Test
    Wie informierst du deinen Kundenstamm über dein Produkt und welche Möglichkeiten bietest du diesem, um sich vorab davon zu überzeugen bzw. es auszuprobieren?
     
  4. Advantages
    Welche Vorteile hat dein Kunde durch den Kauf des Produkts und wiegen diese schwer genug um z. B. einen Wechsel von der Konkurrenz zu rechtfertigen? Im IT-Bereich werden Softwarelösungen, wie ERP-Systeme langwierig eingeführt und verschlingen Unmengen an Ressourcen. Ein Wechsel will gut überlegt sein und erfolgt nicht ohne gravierende Vorteile zu erlangen.
     
  5. Motivation
    Welche Gründe gibt es für den Kunden dein Produkt zu kaufen und welche Faktoren sprechen gegen den Kauf deines Produkts? Gibt es verschiedene Meinungsbilder dazu? Wir haben bei Mittwald vor einiger Zeit Jira durch GitLab ersetzt. Die Entwickler waren hellauf begeistert, weil sie GitLab ohnehin in ihren Entwickler-Alltag integriert und die Bedienung der Oberfläche verinnerlicht haben. Gegenstimmen aus den anderen Abteilungen, weil der Migrationsaufwand für Tasks und Issues und die Gewöhnung an die neue Bedienoberfläche aus ihrer Sicht sehr hoch war. Wir haben im Long-Run allerdings mehr Positives gesehen und das überwog dementsprechend den anfänglichen Unannehmlichkeiten.
     
  6. Impediments
    Vor welchen Problemen steht der Kunde, wenn er dein Produkt beziehen möchte? Diese Probleme können bürokratischer, finanzieller, technischer oder auch rechtlicher Natur sein.
     
  7. Needs
    Wie sehen die Bedürfnisse auf der Kundenseite aus und welche Art von Bedürfnis möchtest du mit deinem Produkt lösen? Bietest du einen Mehrwert, behebst du einen Schmerz oder lieferst du eine ganz neue Möglichkeit ein Problem zu beheben. Wie ersichtlich wird das für deinen Kunden?

Analyse aus Markt-Sicht

Wenn du mit der VITAMIN-Liste begründen kannst, dass deine Zielgruppe dein Produkt kaufen wird, dann kannst du damit weiter machen den Markt zu durchleuchten. Auch hier gibt es ein kleines Cheat-Sheet, welches du kritisch beantworten solltest.
 

  1. Wettbewerb
    Mit welchen Wettbewerbern wird dein Produkt am Markt konkurrieren und wie sieht deren Angebot aus? Kannst du mit neuen oder besseren Funktionen auftrumpfen oder zumindest mit einem besseren Preis aufwarten? Wie leicht ist dein Produkt zu kopieren und ab wann ist Konkurrenz zu erwarten?
     
  2. Marktgröße
    Der Markt kann dabei in drei Größen unterschieden werden. Der „Total Addressable Market“, der „Serviceable Addressable Market“ und der „Service Obtainable Market“. Der erste Markt betrachtet alle Erlöse, die du bei einer Monopolstellung erwirtschaften könntest. Dabei werden alle theoretisch in Frage kommenden Kunden einbezogen. Der zweite Markt betrachtet die Situation etwas engstirniger und schließt Sparten aus, die das eigene Produkt nicht bedienen kann (der Kunde hat unterschiedliche Bedürfnisse oder die Lieferwege sind zu weit entfernt). Zu guter Letzt beschreibt der dritte Markt, welche Teile des zweiten Markts du realistischerweise bedienen kannst und mit welchen Umsätzen du in der Anfangsphase rechnen kannst.
     
  3. Dynamik
    Wie entwickelt sich der Markt? Bedient dein Produkt einen wachsenden oder schrumpfenden Markt?
     
  4. Trends
    Welche Trends sind am Markt zu beobachten und was bedeutet das für dein Produkt? Setzt du auf veraltete Technik oder bist du ganz vorne im Trend dabei? Ein trauriges Beispiel für verschlafene Trends ist die Firma Nokia, die einst der Weltmarktführer auf dem Handymarkt gewesen ist. Obwohl sie bereits Jahre vor dem iPhone mit Apps auf ihren Geräten aufwarten konnten, war die Bedienung nicht annähernd so komfortabel, wie wir das heute kennen. Die ersten Smartphones der finnischen Firma setzten weiterhin viele Jahre auf ihr eigenes Betriebssystem Symbian, welches technisch in vielen Belangen nicht mit Android oder iOS mithalten konnte.
     
  5. Alternativen
    Welcher Konkurrent agiert am Markt mit Alternativen zu deinem Produkt? Wie schneiden diese im Vergleich zu deinem Produkt ab?
     
  6. Ersatz
    Selbst wenn es keine direkten Alternativen gibt, solltest du schauen, ob es für deine Zielgruppe Ausweichmöglichkeiten gibt, die deren Probleme lösen und dein Produkt überflüssig erscheinen lassen.

Analyse der Machbarkeit

Deine Analyse erzielt positive Ergebnisse aus Kunden- und Marktsicht? Dann solltest du dich Folgendes fragen: Befinden sich die notwendigen Ressourcen für die Umsetzung deines Produkts bereits im Unternehmen? Wenn ja: fein. Wenn nein: Kannst du sie dir beschaffen? Bei der Machbarkeitsanalyse solltest du dir Gedanken zu folgenden Punkten machen:

 

  1. Zeit
    Die Entwicklung eines neuen Produkts benötigt Zeit. Du musst sicherstellen, dass du es dem Markt rechtzeitig zur Verfügung stellen kannst. Wenn die Konkurrenz dir zuvorkommt, verlierst du vorm Start bereits einen großen Teil vom Markt und kannst dein Produkt nicht so gewinnbringend platzieren. Wenn sich ein Kunde erstmal für etwas entschieden hat, entsteht eine Hürde, die überwunden werden muss, bevor er wieder wechselt.
     
  2. Ressourcen
    Die Neuentwicklung kostet dich Ressourcen, die dir an anderer Stelle fehlen. Du musst dich fragen, ob du das notwendige Knowhow im Unternehmen hast, um deine Idee zu realisieren. Falls nicht: Besitzt du genug Geld um das Knowhow einzukaufen? Kannst du deine Mitarbeiter schulen? 
    Auch an den Erwerb von Technik musst du dabei denken. In den letzten Monaten gestaltete sich die Beschaffung von Hardware im Computersegment sehr schwierig und ähnliches konnte man auch im Rohstoff-Bereich beobachten. Du solltest dich also frühzeitig danach erkundigen und bedenken, dass es zu Aufpreisen kommen könnte.
     
  3. Risiken
    Speziell bei größeren und innovativen Projekten verstecken sich Risiken. Innovation kostet viel Entwicklungszeit und bindet dementsprechend Ressourcen (Geld / Arbeitskraft). Das kann dich an anderer Stelle limitieren und erzielt noch keine Erträge. Unter Umständen stellt sich deine „Forschungsarbeit“ auch als nicht machbar oder unwirtschaftlich heraus. Vielleicht sind benötigte Technologien noch nicht ausgereift genug oder du musst auf externe Dienste zurückgreifen, die dein Projekt nicht rentabel machen.

Herausforderungen bei der Ideenbewertung

Die oben angesprochenen Listen dienen als gute Hilfestellung um das „richtige Projekt“ zu identifizieren. Dennoch gibt es weitere Punkte, die du beachten musst um den Prozess erfolgreich zu bewältigen. 

Zum einen musst du verhindern, dass du nicht „Äpfel mit Birnen“ vergleichst. Beim Bewertungsprozess werden häufig Ideen gegenüber gestellt. Das kann aber nur dann funktionieren, wenn diese Ideen auch den entsprechenden Zielen zugeordnet und separat behandelt werden. Vermische keine Ideen, die unterschiedlichen Zielen dienen. 

Des Weiteren ist es sehr wichtig die entscheidenden Kriterien und Rahmenbedingungen für ein erfolgreiches Produkt zu kennen. Es reicht nicht nur „die richtigen Dinge“ zu tun. Es ist ebenfalls entscheidend diese Dinge „richtig umzusetzen“. Das iPhone revolutionierte unsere Welt im Jahr 2007 nicht alleine dadurch, dass es das richtige Produkt war. Man hat auch die entscheidenden Kriterien berücksichtigt und hervorragend umgesetzt. Die Handhelds und PDAs hatten bereits Jahre zuvor den richtigen Riecher mit der Idee einen „Mini-Computer“ in der Hosentasche mit sich zu tragen, aber die Bedienung, Aufmachung und Akku-Leistung ließen zu Wünschen übrig, sodass die Masse nicht begeistert werden konnte. Dementsprechend muss auch dein Produkt die Weichen richtig stellen, damit es ein Erfolg werden kann. 

Weitere Herausforderungen der Ideenbewertung sind der definitiv vorhandene Interpretationsspielraum. Viele Kriterien lassen sich nicht wirklich messen und basieren auf subjektiven Aussagen oder Schätzungen. Das führt zu unterschiedlichen Meinungsbildern

Den Schlüssel zum Erfolg finden

Bei der Bewertung von Ideen und der Identifizierung erfolgreicher Produkte gibt es offensichtlich eine Menge an Faktoren zu beachten. Anfangs habe ich gesagt, dass ein gutes Produkt erst dann erfolgreich ist, wenn man es auch gut und lukrativ verkaufen kann. Da ist natürlich etwas Wahres dran, denn wenn man nur draufzahlt und nichts mit seinen Produkten einnimmt, dann kann man nicht lange auf dem Markt überleben. Trotzdem sollte man nicht außer Acht lassen, dass man auch aus seinen Fehlern lernen kann und die Erkenntnisse für spätere Projekte wertvoll sein können. Schwachstellen werden so eventuell schneller identifiziert und beseitigt. Wenn du es schaffst, Teilbereiche so abzuwandeln, dass das Gesamtprojekt wirtschaftlich und lukrativ wird, dann hat sich deine Innovation schlussendlich doch gelohnt.

Mut zur Innovation

Den revolutionärsten Ideen, stehen immer Kritiker gegenüber, die sagen: Das funktioniert so nicht. Aber: Facebook, Uber und AirBnB haben beispielsweise mit ihren Produkten den Markt verändert. Facebook ist eine der Plattformen mit dem meisten Content, ohne aktiv welchen zu generieren. Uber besitzt kein einziges Fahrzeug und ist trotzdem das größte Taxi-Unternehmen. AirBnB ist der größte Anbieter für Übernachtungen und das ohne Hotels oder Ferienwohnungen zu besitzen. 

Um es mit einem Zitat von Henry Ford zu sagen:

Wenn ich die Menschen gefragt hätte, was sie wollen, hätten sie gesagt: schnellere Pferde.
Henry Ford

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