Ein Rechenzentrum in der Provinz? So klappt es mit kurzen Ladezeiten!

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Schnelles Internet ist zum natürlichen Bestandteil des Alltags geworden. Das gilt für zu Hause, wie auch unterwegs. Selbst in vielen ländlichen Regionen wird derzeit so viel ausgebaut, wie nie zuvor. Die Möglichkeiten sind mit Supervectoring, 5G und Fiber To The Home (FTTH) vielfältig geworden. 

Auch beim Web Content hat sich in den letzten Jahren viel getan. Mit weniger Fließtext, aber dafür hochauflösenden Fotogalerien und Videos werden Webauftritte und Onlineshops attraktiver und zugänglicher. Neben all dem prägen auch die Begriffe Time To First Byte (TTFB), adäquat Time To Last Byte (TTLB), bis heute die SEO-Szene.

Was dies für uns als Webhoster bedeutet und welche Schlussfolgerungen das Mittwald Netzwerkteam daraus bei der stetigen Weiterentwicklung unseres Rechenzentrum-Netzwerks gezogen hat, erfahrt ihr im heutigen Blog-Beitrag.
 

Rasend schnelle Leitung seit Tag Eins

Blicken wir einmal zurück in die Geschichte des Mittwald Rechenzentrums. Angefangen mit der Planung und dem Bau war bereits 2011 klar, dass wir eine zuverlässige und schnelle Internetanbindung benötigen. Das klingt simpel, ließ sich aber gar nicht so leicht realisieren. Im ländlich gelegenen Espelkamp hat unser regional verwurzeltes Unternehmen keinen direkten Zugriff auf die Internet-Knoten der großen Metropolen und deren Provider-Vielfalt.

Dank regionaler Internetprovider konnten dennoch exklusive Lösungen geschaffen werden. Im Verlauf der Jahre stieg die Anzahl unserer Kunden sowie Webserver und damit auch das Traffic-Aufkommen. Aber auch außergewöhnliche Ereignisse wie DDoS-Angriffe nahmen weiter zu. All das stets im Blick behaltend, bauten wir unsere Anbindungen unter Wahrung der Redundanz immer weiter aus.

FTTH, 5G und TTFB im Kontext

Was die neuen Technologien nun mit TTFB zu tun haben? Viel mehr als man meinen würde!

Wo anfänglich überwiegend textliche Inhalte wie Online-Unternehmenspräsenzen, Blogs, Foren, Gästebücher und Shops mit nur Thumbnail-artigem Bildmaterial von unseren Webservern ausgeliefert wurden, gingen die vergangenen zehn Jahre natürlich auch an uns nicht vorbei. Bild- und vor allen Dingen Video-Inhalte werden immer wichtiger. Gleichzeitig ermöglicht der von der Bundesnetzagentur angeregte Breitbandausbau immer mehr Haushalten und Unternehmen mit viel Bandbreite auf Online-Inhalte zuzugreifen. Diese neueren Technologien bringen einen weiteren Vorteil mit sich: geringere Latenz auf der Leitung.

Mit Latenz ist die reine Zeitdifferenz gemeint, welche ein Netzwerkpaket benötigt, um unidirektional – z. B. vom Webserver zum Browser – übertragen zu werden und beträgt im Regelfall die Hälfte der bidirektionalen Round Trip Time (RTT), welche auch als „Ping“ bezeichnet wird.

Sinkt die Latenz, überträgt sich, vereinfacht gesagt, die gesamte Website vom ersten bis zum letzten Byte schneller zum Client. Spielen Webserver sowie Webseitenprogrammierung hier gut mit, wirkt sich das insgesamt stark auf die TTFB sowie die TTLB aus.

Ersteres drückt sich je nach Suchmaschine und Tools in einem besseren SEO-Rating aus, während Letzteres in einer kürzeren Gesamtladedauer und damit positiverem Besucherempfinden resultiert.

Illustration eines Computers und verschiedenen Geschwindigkeits-Messgeräten

Latenz zum Greifen nah

Aber hier ist noch lange nicht Schluss. Niedrigere Latenz bedeutet auch mehr Traffic-Volumen pro Zeiteinheit, folgend „Durchsatz“ genannt. Wie das? Wir im Netzwerkteam lieben Mathematik, daher folgt ein betont simplifiziertes Rechenbeispiel über den theoretischen Leitungsdurchsatz sowie die entsprechende Ladezeit einer Webseite.

Formel A: Durchsatz = TCPWindowSize / Latenz

Formel B: Ladezeit = Webseitengröße / Durchsatz / 8

Die TCPWindowSize beträgt im Standardbeispiel 64 KB und definiert die Menge an gesendeten Daten, bevor eine Empfangsbestätigung vom Sender angefordert wird. Dies zieht jeweils eine Verzögerung mit sich und je höher die auftretende Latenz, desto mehr Zeit nehmen diese Formalitäten im Übertragungsprozess ein.

Öffnet ein Besucher mit einem durchschnittlichen Internetanschluss, beispielsweise VDSL mit 50 MBit/s und 15 ms Latenz zum Webserver einmalig eine Website mit 5 MB Gesamtvolumen, so lauten die Ergebnisse:

Durchsatz = 34,95 MBit/s

Ladezeit = 1,1 s

Hierbei würde ein Rechenzentrumsnetzwerk daher rund 35 MBit/s Übertragungskapazität für die Dauer von etwa einer Sekunde alleine für diesen Webseitenabruf bereitstellen müssen. Und der Besucher wäre hiermit auch für diese kurze Zeit schon relativ nah am physikalischen Limit seiner 50 MBit/s Internetleitung.

Öffnet nun ein Besucher mit einem schnellen Internetanschluss, beispielsweise FTTH mit 500 MBit/s Bandbreite und 6 ms Latenz, einmalig dieselbe Website, ergibt sich Folgendes:

Durchsatz = 87,38 MBit/s
Ladezeit = 0,46 s

Jetzt wird deutlich, welchen Einfluss der alleinige Wechsel zu einem moderneren Internetanschluss auf die Ladezeit sowie die Auslastung der Internetleitung haben kann.

Angenommen, es würden jeweils 100 gleichzeitige solcher Aufrufe stattfinden, wären im ersten Fall nur 3,4 GBit/s für die Dauer von rund einer Sekunde zu leisten, während im zweiten Fall bereits 8,5 GBit/s Datenrate für etwa 0,5 Sekunden vom Rechenzentrumsnetzwerk gehandhabt werden müssen, damit jeder Webseitenbesucher voll auf seine Kosten kommt.

Der Mobilfunkstandard 5G verhält sich in diesem Zusammenhang übrigens ähnlich zu FTTH. Auch dort wird die Latenz drastisch reduziert, während die theoretische Bandbreite stark ansteigt.

Je nach Lage des Clients zum Rechenzentrum nimmt der Webseiten-Traffic seinen geregelten, aber geographisch selten optimalen Weg durch die Infrastrukturen der Internetdienstleister. Das kann auch mal einen mehrere 100 km weiten „Umweg“ und damit höhere Latenz bedeuten. Schließlich sind diese Infrastrukturen eher breitflächig ausgelegt, um möglichst viele Haushalte und Endkunden zu erschließen, welche sich dieses Medium dann inklusive eventueller Engpässe teilen. Stichwort Feierabendverkehr.

Bringen wir das Rechenzentrum näher zum Kunden

Eine allgemein gute Erreichbarkeit ist bei uns weltweit gegeben. Als deutscher Webhostinganbieter und Agenturpartner bedienen wir allerdings vermehrt Besucher aus dem DACH-Raum. Hier haben wir den Anspruch an uns, unserer Hauptbesuchergruppe noch mehr zu bieten, als eine „normal“ gute Erreichbarkeit. Daher haben wir uns überlegt, wie wir langfristig mit dem weltweit steigenden Bedarf und Gebrauch an Bandbreite umgehen und dabei auch zeitgemäß technisch näher an die Besucher heranrücken können. Im Idealfall wären unsere Webserver in unmittelbarer Nähe zu jedem Client, unabhängig von seinem Standort und es fände eine möglichst direkte Übergabe der Pakete in unser Netzwerk statt.

Wir haben lange analysiert und dabei herausgefunden, dass der Webtraffic an vielen Stellen für uns und unsere Besucher ungünstig geroutet wird. Relativ zentral zwischen den Internet-Knoten Hamburg, Düsseldorf und Frankfurt am Main gelegen haben wir uns aus diesen Gründen für eine eigene, providerunabhängige Infrastruktur entschieden, mit welcher wir uns die Anbindung zu den Anbieternetzen unserer Besucher erschließen.

Hierfür haben wir 2019 eigene Glasfaserstrecken zu unserem Standort in Frankfurt am Main in Betrieb genommen. Bereits Ende 2020 folgte unser neuer Standort in Hamburg. Diese kann man sich als verlängerte Arme in die nördliche sowie südliche DACH-Region vorstellen, mit denen wir die Besucher ohne Umwege und mit weniger Latenz sowie deutlich mehr Bandbreite erreichen können, als es uns für unseren regionalen Standort allein möglich gewesen wäre.

Geringe Ladezeiten dank moderner Netzwerkanbindung
Geringe Ladezeiten dank moderner Netzwerkanbindung

Waren es regional rund 10 Gigabit/s pro Anschluss, welche physikalisch und technisch realisierbar waren, sind nun keine Grenzen mehr gesetzt. Mehrfache 100-Gigabit-Ports sichern uns nun die benötigten Kapazitäten, um unseren Kunden auch weiterhin die gewohnte Qualität und Zuverlässigkeit liefern zu können.

Wir können damit zwar nicht pauschal überall für eine deutliche Verbesserung sorgen, allerdings konnten wir unsere Latenz zu vielen Besuchern und Content Delivery Networks (CDN) sowie Suchmaschinen deutlich verringern, teilweise sogar dritteln. Beispielsweise von 10 ms auf 3 ms bei Cloudflare und Google sowie von 15 ms auf 8 ms bei mehreren überregionalen Testhaushalten unterschiedlicher Provider.

Und das bietet unseren Kunden und Besuchern einen enormen Mehrwert für viele Anwendungszenarien unserer Webhosting-Angebote.

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