Gesprächstechniken 1 – Zuhören und Paraphrasieren

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Gesprächstechniken? Reden kann doch jeder, oder nicht? Sollte man annehmen. Aber warum kommt es dann so oft zu Komplikationen in Gesprächen? In unseren letzten Beiträgen zum Thema Kommunikation haben wir euch ja bereits einiges darüber erzählt – wie ihr Konflikte für euch nutzen könnt, was es mit der Körpersprache auf sich hat und wir haben die Grundregeln der Kommunikation angerissen. Dabei ist bereits deutlich geworden, dass Kommunikation nicht immer so einfach ist, wie wir es gerne hätten. Denn es geht eben nicht nur darum, Worte aneinanderzureihen und Sätze zu formulieren und seinen Willen durchzusetzen.

Kommunikation ist sehr viel mehr – warum sonst gäbe es dafür ein eigenes Berufsfeld, welches sich nur damit beschäftigt, Kommunikationsprozesse sowohl im privaten als auch im beruflichen Rahmen zu untersuchen und zu optimieren?
In dieser Blogreihe soll es nun darum gehen, wie ihr kommunizieren könnt – also um die Techniken der Gesprächsführung. Denn nicht jedes Gespräch ist gleich, genauso wenig wie eure Gesprächspartner. Wenn ihr nun – insbesondere im beruflichen Rahmen, in Verhandlungen oder dergleichen – Gespräche führt, solltet ihr verschiedene Verhaltensweisen und Strategien beachten, die sehr hilfreich sein können, um euer Gesprächsziel zu erreichen bzw. um ein positives Gespräch mit positivem Ergebnis zu führen.

Sachlich bleiben

Dies ist eine grundsätzliche „Regel“ für jede Art von Gespräch. Es soll um die Sache, das Thema gehen und nicht um Persönliches, was damit nichts zu tun hat. Stellt also nicht euch in den Mittelpunkt des Gesprächs, sondern die Sache. Dies bedeutet nicht, dass es nicht auch mal emotional werden darf in einer Diskussion – behaltet nur immer das Thema, das Gesprächsziel im Kopf. Wenn es darum geht, wer dran ist mit Spülmaschine ausräumen, bringt nicht irgendwelche alten Streitthemen, die mit der aktuellen Sache nichts zu tun haben, auf den Tisch.

Zuhören und Paraphrasieren

In Gesprächen und deren aktiver Gestaltung geht es natürlich nicht nur ums Reden – dann wäre es ja ein Monolog – sondern auch um das Zuhören. Denn wenn ich ein Ziel habe, welches ich in einer Unterhaltung oder Diskussion verfolge, ist es für das Erreichen enorm wichtig, mein Gegenüber zu verstehen. Dies funktioniert über aktives und analytisches Zuhören und ggf. das Paraphrasieren des Gesagten. Denn dadurch bekommen wir ein Gefühl für unseren Gesprächspartner, für seinen Standpunkt. Durch diese Informationen sind wir in der Lage, unsere Argumentation an ihn anzupassen, auf ihn auszurichten und somit unserem eigenen ziel ein Stück näher zu kommen. Denn je besser wir uns mit ihm verstehen, desto weniger Abwehr werden wir für unsere Perspektive ernten.
Ganz nebenbei verbessern wir durch das aktive Zuhören auch unsere eigene Urteilsfähigkeit. Wir lernen, unsere eigenen Ansichten zu hinterfragen und begeben uns tiefer in die Perspektiven anderer. Dies ermöglicht es uns, einen weiteren Blick auf die zu besprechende Sache, aber auch auf die Welt im Allgemeinen, zu erlangen. Umgangssprachlich auch der „Blick über den Tellerrand“ genannt. ;)

Worauf kommt es an beim Zuhören?

Einer der grundlegendsten Punkte beim Zuhören ist die Wertschätzung des anderen. Fühlt er sich nicht ernst genommen von uns, ist meistens schon alles gelaufen. Warum sollte er sich auf uns einlassen, wenn wir es auch nicht tun? Daher ist es in einem persönlichen Gespräch sehr wichtig, nicht nur körperlich, sondern auch geistig dabei zu sein. Das heißt im Klartext: Nicht nebenbei Akten sortieren, E-Mails lesen, im Internet surfen oder die ganze Zeit aus dem Fenster oder zur Tür schauen. Denn dies signalisiert schnell Ablehnung und Desinteresse.
Wenn wir uns nun also auf den anderen einlassen und Interesse zeigen wollen, können wir dies auch aktiv signalisieren. Das geht zum Beispiel durch sogenanntes Back-Channeling – Hörersignale. Diese Hörersignale können durch eine offene Körperhaltung, regelmäßigen Blickkontakt und auch durch zustimmendes Nicken oder verstehende Laute (wie z. B. „mh“, „ja“, „aha“) gezeigt werden.

Einen Schritt weiter kann man gehen, indem wir gezielte Fragen stellen oder auch das Gesagte noch einmal in eigenen Worten zusammenfassen – also paraphrasieren. Das Paraphrasieren bietet den großen Vorteil, dass wir damit auf sehr einfachem Wege Missverständnisse vermeiden können (Wir nehmen Aussagen immer auf verschiedenen Ebenen wahr. Durch das Paraphrasieren und Nachfragen können wir feststellen, ob wir mit unserer Interpretation richtig liegen oder nicht – siehe Vier-Ohren-Modell von Friedemann Schulz von Thun).
Eine Paraphrase kann dabei für verschiedene Zwecke und auf unterschiedliche Weise angewendet werden.

  • Verständnis sichern
  • Beziehung gestalten
  • Versachlichen
  • Zeit gewinnen

Verständnis sichern
Bei dieser Form der Paraphrase steht das Wiederholen der Hauptaussage(n) in eigenen Worten im Vordergrund. Dies ist ein essentieller Punkt in der Kommunikation. Denn sie sehr anfällig für Störungen und Missverständnisse, weil jeder eine andere Sicht auf die Dinge und die Interpretation von Worten und Gegebenheiten hat. Wenn wir also einfach immer nur von uns ausgehen und annehmen, wir hätten den anderen richtig verstanden, werden wir früher oder später damit auf die Nase fallen. Eine Paraphrase ist hier das Mittel der Wahl: Einfach und effektiv. Durch gezieltes Nachfragen „Habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie mit XY meinen, dass …?“ können wir herausfinden, ob wir mit unserer Interpretation dasselbe meinen, wie unser Gegenüber.
Man könnte jetzt einwenden, dass auch bei der Paraphrase ein weiteres Missverständnis entstehen könnte. Dies ist natürlich nicht vollständig auszuschließen, aber es gibt ja noch weitere Mechanismen, die wir anwenden können, um zu erkennen, ob wir in dieselbe Richtung denken wie unser Gesprächspartner. Situationen wie in manch einer Hollywood Komödie, wo Minutenlang aneinander vorbei geredet wird, sind somit zwar nicht auszuschließen, mit etwas Übung und Fingerspitzengefühl aber doch eher unwahrscheinlich.

Beziehung gestalten
Dies ist sozusagen ein positiver Nebeneffekt des Paraphrasierens: Durch unsere Bereitschaft, uns auf unser Gegenüber einzulassen, signalisieren wir Wertschätzung. Dies wird sich höchstwahrscheinlich auch auf ihn auswirken und ihn dazu bringen, sich auch mehr auf uns und unsere Sichtweise einzulassen. Mit dem Sichern des Verständnisses durch Paraphrasieren und Nachfragen zeigen wir also auch Interesse am Gespräch und damit an unserem Gesprächspartner. Das kommt immer gut an. ;)

Versachlichen
Hier geht es um kritische Gespräche, die sehr emotional und damit anfällig für Konflikte sind. Durch eine Versachlichung in der Paraphrase können wir dem Inhalt diesen „Wind etwas aus den Segeln nehmen“. Wir lassen uns nicht direkt auf die emotionale Spirale ein, sondern bleiben ruhig und signalisieren einerseits durch die Paraphrase das Verstehen des anderen, vor allem seiner Emotionen, und andererseits können wir durch unser „Ruhig-Bleiben“ auf den anderen ebenfalls beruhigend wirken. Das heißt, diese Art des Paraphrasierens gibt nicht (nur) den sachlichen Inhalt mit eigenen Worten wieder, sondern beschäftigt sich vor allem mit den Emotionen, die der andere damit verbindet. Sie dient hier also als Mittel zur Vermeidung einer emotionalen Eskalation bzw. trägt zur Deeskalation bei.

Zeit gewinnen
Dies gilt für beide Seiten. Zum einen können wir selbst durch das Paraphrasieren Zeit gewinnen, um über das Gesagte nachzudenken und eine Antwort zu finden und zum anderen hat unser Gesprächspartner Zeit, seine Aussage Revue passieren zu lassen, sie zu überprüfen, zu ergänzen oder zu überdenken.

Aber Achtung, gezieltes und vor allem gesprächsförderndes Einsetzen von Paraphrasen kann nicht jeder von allein. Es erfordert in den meisten Fällen einiges an Übung, bis man es so beherrscht, dass es für den Gesprächsverlauf sinnvoll ist. Ihr könnt es ganz einfach im privaten Rahmen ausprobieren, mit Freunden, der Familie, den Nachbarn … Dann werdet ihr schnell ein Gefühl dafür bekommen, was sich wann eignet und in welchem Maße eine Paraphrase angebracht ist.

Quelle: Anja von Kanitz, Christine Scharlau: Gesprächstechniken. Haufe Taschenguide.

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Kommentare

Hans W. Lehmann am

Hallo, Annika Schwanitz / ich schätze Ihre Blogreihe über die Gesprächstechniken 1-6 sehr! Mir ist nur aufgefallen, dass ein Artikel (Gesprächstechniken 5 - Persönlich formulieren) falsch verlinkt ist - und immer zum Artikel Nr. 1 führt. Ist ja nur eine technische Winzigkeit, aber es ist schade um die tollen Inhalte, die man nicht erreicht ... Liebe Grüße / Hans

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