Sustainable Insights mit Thorsten Jonas: Der ökologische Preis von generativer KI
Generative KI ist Teil des Problems Klimakrise
Na klar, Emissionen sind kein Problem von KI allein. Es ist unser exzessiver Energieverbrauch und die daraus resultierende Erzeugung von Energie durch fossile Energieträger. Aber KI, und dabei speziell generative KI, verschärft dieses Problem im Moment dramatisch und wesentlich stärker als andere digitale Anwendungen. Eine Google Suche erzeugt ca 0,02g CO₂. Ein Chat GPT Prompt aus meinem Beispiel erzeugt 4g CO₂ pro Prompt. Diese Zahlen sind natürlich immer Schätzungen, die aber auf fundierten Annahmen basieren. Die Zahlen können schwanken. Im Beispiel hier ergibt sich ein Unterschied von Faktor 200x. Pessimistische Schätzungen sehen den Wert noch höher, während konservative Schätzungen eher einen Faktor 50x annehmen.
Der Punkt ist: Generative KI hat einen exorbitanten Energieverbrauch und ist damit gerade vor allem Teil des Problems Klimakrise und nicht – wie uns gerade Big Tech versucht zu erklären – eine Möglichkeit es zu lösen.
Googles Environmental Report
Google hat in seinem Environmental Report im letzten Jahr sehr prominent gesagt, dass wir mit Hilfe von KI bis 2030 die Emission von Treibhausgasen um bis zu 10 % senken können. Im gleichen Report, nur etwas weiter hinten, steht aber noch eine andere interessante Zahl: Allein in 2023 hat Google eine Zunahme der eigenen Treibhausgasemissionen um 13 % verzeichnet - und diese Zunahme ist hauptsächlich auf den Bau von neuen Datacentern zurückzuführen, die hauptsächlich für den Betrieb von KI-Modellen benötigt werden. Also, einer geschätzten Minderung von 10 % in 5 Jahren steht eine Zunahme von 13 % pro Jahr gegenüber.
KI als Klimahelfer ist nie generativ
KI ist hauptsächlich Teil des Problems und nur bedingt Teil der Lösung. Hier ist es außerdem interessant, zwischen den unterschiedlichen Arten von KI zu unterscheiden. Wenn wir heute über KI sprechen, dann wird fast immer Generative KI gemeint: ChatGTP und Co.
Es gibt tolle KI-Modelle, die zum Beispiel zur Berechnung von Klimamodellen verwendet werden und somit hilfreich bei der Bekämpfung der Klimakrise sind. Gleiches gilt für Modelle, welche die Optimierung von Abläufen berechnen und somit z. B. die Energieeffizienz verbessern. Das ist aber etwas anderes als die generative KI die (leider) langläufig heute immer als “KI” bezeichnet wird. Mein Punkt hier ist: die KI-Anwendungsfälle, die uns helfen, die Klimakatastrophe zu bekämpfen, basieren nie auf generativer KI.
Generative KI – wie z. B. ChatGPT – verschärfen die Klimakrise dramatisch.
Es gibt tolle KI-Modelle, die zum Beispiel zur Berechnung von Klimamodellen verwendet werden und somit hilfreich bei der Bekämpfung der Klimakrise sind. Gleiches gilt für Modelle, welche die Optimierung von Abläufen berechnen und somit z. B. die Energieeffizienz verbessern. Das ist aber etwas anderes als die generative KI die (leider) langläufig heute immer als “KI” bezeichnet wird. Mein Punkt hier ist: die KI-Anwendungsfälle, die uns helfen, die Klimakatastrophe zu bekämpfen, basieren nie auf generativer KI.
Wasserverbrauch von generativer KI
Und es hört bei den CO2-Emissionen leider nicht auf. Äquivalent zur Energie ist der Wasserverbrauch. Wasserverbrauch? Server in Datacentern brauchen Wasser zur Kühlung. Und in den meisten Datacentern geht ein Teil des Wasser kontinuierlich durch Wasserdampf-Emissionen in die Luft. Damit ist das Wasser zwar im globalen Kontext nicht verloren, sehr wohl aber im lokalen Kontext. In Gegenden, in denen Wasserknappheit herrscht, ist das bereits heute ein ernstes Problem. Und auch hier gilt: Natürlich ist das kein Problem allein von KI. Aber generative KI verstärkt das Problem zur Zeit exponentiell. 10-50 Prompts kosten uns 500 ml Wasser, besagt eine Studie.
Und die bis hier genannten Zahlen beziehen sich alle auf Nutzung. Dazu kommen dann noch das Training der Modelle und die Produktion der benötigten Serverkapazitäten. Allein die Produktion der Serverkapazitäten erzeugt geschätzt noch einmal 20-50 % der Emissionen auf der Nutzung. Dazu entstehen während des Schürfens der benötigten seltenen Erden außerdem weitere dramatische Umweltschäden durch z. B. Wasserverunreinigungen.
Nichts ist umsonst – Wir zahlen mit unserer Zukunft
All das ist der unsichtbare Preis, den wir für die Nutzung von ChatGPT zwar heute nicht monetär zahlen, aber unserer eigenen und der Zukunft unserer Kinder aufbürden.
Und der Preis geht sogar noch darüber hinaus. Denn die ökologischen Impacts sind nur ein Teil des Problems. Die Verschärfung von Biases, die ungefragte Nutzung von geistigem Eigentum zum Training, die durchschnittliche Qualität der Ergebnisse und das gewaltige Halluzinations-Problem (neueste Untersuchungen zeigen, dass die Halluzinationsraten bei den neuesten “Chain of Thought”-Modellen immer weiter zunehmen, und bei bestimmten Tests, Werte jenseits der 70 % erreichen), sind weitere sicht- und messbare Faktoren. Dazu kommt der vielleicht essentiellste Punkt: die Veränderung unseres eigenen Denkens. Was macht es mit uns, wenn wir in Zukunft alles ChatGTP erledigen lassen?
Abschließend möchte ich noch sagen: Es geht mir nicht darum, KI und auch nicht generative KI abschalten zu wollen. Es gibt sinnvolle und tolle Use-Cases, aber leider auch Beispiele, wo der Einsatz von KI unterlassen werden sollte. Denn der wahre Preis, den wir für die Nutzung zahlen, sind nicht die 20 $ für die ChatGPT Subscription. Der wahre Preis wird an vielen Stellen, jetzt und in der Zukunft gezahlt. Und es gilt von daher besser abzuwägen, wann und wofür wir (generative) KI einsetzen – und wo auch nicht.
Quellen
Carbon Footprint of ChatGPT:
https://piktochart.com/blog/carbon-footprint-of-chatgpt/
Google Search vs. ChatGPT Emissions:
https://limited.systems/articles/google-search-vs-chatgpt-emissions/
AI Is Accelerating the Loss of Our Scarcest Natural Resource: Water
Google Environmental Report 2024:
https://sustainability.google/reports/google-2024-environmental-report/
New York Times: A.I. Is Getting More Powerful, but Its Hallucinations Are Getting Worse - NY Times
https://www.nytimes.com/2025/05/05/technology/ai-hallucinations-chatgpt-google.html